1 Allgemeine Zielstellungen
Im Gegensatz zur Aufzeichnung oder Übertragung von Tonsignalen bedeutet Beschallung immer die Live-Wiedergabe des aufgenommenen Schallereignisses im Ursprungsraum, mit einem höherem Schallpegel am jeweiligen Hörort, als er durch die Originalschallquelle erzeugt werden kann. Für den Fall einer gleichzeitigen Beschallung während einer Übertragung sind in der Regel immer separate Mischungen erforderlich.
Die traditionelle Zielstellung der Beschallungstechnik - Schallverstärkung von Sprache bzw. anderen schallschwachen Schallereignissen - wurde in den letzten Jahren erweitert um
- Realisierung einer ausgeglichenen Schallpegelversorgung mit dem Ziel einer guten Hörsamkeit im gesamten Publikums- und Aktionsbereich,
- richtungs- und entfernungsgetreue Lokalisation der Originalschallquellen im Sinne einer Übereinstimmung von optischer und akustischer Perspektive, sowie
- ambiente Schallversorgung, wie Erzeugung räumlicher Klangstrukturen, Nachhallverlängerung, Ausgleich raumakustischer Irregularitäten, Erhöhung der Deutlichkeit etc.
Essentiell ist dabei immer die Gewährleistung einer hohen Klangqualität für Musik- und Sprachdarbietungen, deren Maßstäbe letztlich durch die modernen Massenmedien gesetzt werden. Dazu gehört auch die Vermeidung von beschallungstypischen Störungen, wie Echos, Rückkopplungen, Kammfiltereffekte oder nichtlinearen Verzerrungen. Es versteht sich von selbst, dass es zur Beurteilung der akustischen Qualität hilfreich ist, wenn das Beschallungsmischpult direkt im Saal angeordnet ist, siehe auch [19].
Im übrigen wird die Qualität einer Beschallung i. d. Regel immer dann als gut empfunden, wenn man sie möglichst nicht als (technische) Beschallung wahrnimmt, sondern als (natürliches) Originalschallereignis.
In der Beschallungspraxis werden hierzu unterschiedliche Lösungen eingesetzt, wie
- Zentralbeschallung,
- mehrkanalige Beschallungsanlagen,
- dezentrale Beschallungssysteme,
- Systeme zur richtungsorientierten Beschallung,
- Systeme zur Bühnenbeschallung (sog. Monitorbeschallung),
- unterstützende Systeme zur Räumlichkeitserhöhung,
- Systeme für Spezialaufgaben, wie Konferenzbeschallung, Informationsbeschallung in Foyers oder auf Bahnhöfen, Notfalldurchsagesysteme o. ä.
- reine Wiedergabebeschallung, insbesondere in Kinosälen (hier gelten in der Regel die Bedingungen von THX für Kinowiedergabe).
2 Zentralbeschallung
Die typische Zentralbeschallung benutzt kompakte Anordnungen von leistungsstarken Schallstrahlergruppen (sog. Cluster) an zentraler Stelle, z. B. über oder neben dem Aktionsbereich (Bühne). Sofern keine eindeutige Trennung zwischen Aktions- und Publikumsbereich existiert (beispielsweise in Sportarenen), können die genannten Cluster auch mittig oberhalb der Aktions- oder Rezeptionsbereiche angeordnet sein.
Die Vorteile sind vorwiegend logistischer Art (d. h. nur wenige Lautsprecherstandorte, jedoch mit entsprechend hoher Gewichtsbelastung und akustischer Leistungsdichte). Der Abstand zum Publikum wie zur Quelle darf jedoch nicht zu gering sein, um einerseits eine zu hohe Schallpegelbelastung der nahe gelegenen Publikumsbereiche zu vermeiden, und andererseits die Rückkopplungsgefahr zu beherrschen. Ein zusätzlicher Vorteil kann darin bestehen, dass ohne weitere Vorkehrungen eine ausreichend gute Übereinstimmung von optischer und akustischer Perspektive erreichbar ist.
Nachteilig ist meist, dass sich wegen der relativ großen Entfernungen zu den Publikumsbereichen ein deutlich höherer Leistungsbedarf ergibt, sowie evtl. eine unausgeglichene Schallpegelverteilung auf weiter entfernten oder abgeschatteten Plätzen.
Links/Rechts-Frontalbeschallung
Sehr häufig anzutreffen ist eine einfache Form der Zentralbeschallung mit einer simplen Anordnung von zwei Türmen oder Boxenwänden an der Bühnenkante links und rechts von der Schallquelle. Hier entstehen schnell die o. g. Nachteile, insbesondere die übergroße Schallpegelbelastung der nahe gelegenen Publikumsbereiche, während weiter entfernte Bereiche eher unterversorgt werden. Außerdem wird oft fälschlicherweise davon ausgegangen, dass durch die einer Stereo-Wiedergabeanordnung ähnliche Lautsprecheraufstellung eine richtungsbezogene Schallwiedergabe erreicht werden kann - ein verbreiteter Irrtum, da die bei kleineren Lautsprecherabständen wirkende Summenlokalisation bei den in der Beschallungspraxis üblichen Abständen von meist mehr als 4 bis 5 Metern nicht mehr funktioniert (übliche Bühnenportale haben z. B. eine Bühnenbreite zwischen 10 und 40 Metern). Das Ergebnis ist dann eine eher unausgeglichene, seitenbetonte Schallquellenabbildung ohne jeden Mitteneindruck oder Bewegungseffekt, die unter ungünstigen Hörwinkeln sogar zu störenden Echos führen kann [19].
Mehrkanalige Frontalbeschallung
In größeren Theatern oder Mehrwecksälen existieren teilweise noch mehrkanalige Frontalbeschallungssysteme, bestehend aus drei bis fünf Portallautsprechern oberhalb des Bühnenportals, die nach den Prinzipien der Intensitätsstereofonie betrieben werden. Hier sind ähnliche Nachteile wie bei den zweikanaligen Anordnungen zu erwarten.
Auch die Anwendung einer sog. modifizierten Mehrkanalstereofonie, wobei den einzelnen Kanälen zusätzlich pegelreduzierte Summensignale zugemischt werden, können diese Nachteile nicht grundsätzlich beseitigen, siehe auch [18], [26].
3 Bühnenrandbeschallung
Sind in einem Beschallungssystem die Lautsprecher für die Hauptversorgung relativ hoch über dem Niveau der Bühnenkante bzw. den bühnennahen Publikumsbereichen angeordnet, so werden diese bühnennahen Bereiche infolge der Richtwirkung der Hauptlautsprecher häufig unterversorgt. Abhilfe schafft hier ein sog. Bühnenrandsystem, das unmittelbar auf oder unter der Bühnenkante angeordnet ist und aus mehreren kleinen Lautsprechern oder flachen Zeilen besteht. Diese können mit relativ geringer Leistung betrieben werden und versorgen dann die ersten 5 bis 6 Reihen im Publikum, gegebenenfalls mit entsprechender Laufzeitanpassung an die Hauptversorgungssysteme [31].
Ein Bühnenrandbeschallungssystem kann ggf. auch für weiter entfernte Publikumsbereiche die Lokalisation auf die Höhe des Bühnenniveaus ziehen, obwohl es nur mit relativ geringer Leistung betrieben wird (Gesetz der ersten Wellenfront). Für sehr breite Bühnen (> 15 m) ist zweckmäßigerweise eine laufzeitmäßige Einbindung entsprechend den Prinzipien des DSS sinnvoll, siehe unten sowie [18] und andere.
Nicht zu verwechseln mit einem Bühnenrandsystem ist die Bühnenbeschallung (sog. Monitoring) zur gegenseitigen Verständigung der Akteure.
4 Dezentrale Beschallung
Im Gegensatz zur Zentralbeschallung, die die Schallversorgung mit relativ großer Leistung von einem zentralen Punkt aus einem großen Abstand heraus realisiert, ist der Ansatz einer dezentralen Beschallung darauf gerichtet, mit möglichst geringer Leistung in relativ kleinem Abstand vom Hörer eine gezielte Versorgung jeweils begrenzter Hörerbereiche sicherzustellen. Dies erfordert eine größere Anzahl von Schallstrahlern an vielen unterschiedlichen Standorten.
Die Vorteile bestehen darin, eine optimale Versorgung für alle Bereiche zu realisieren. Durch den geringen Abstand zum Hörer wird nur eine vergleichsweise geringe elektrische bzw. akustische Leistung benötigt, die erforderliche Gesamtleistung zur Erzielung eines bestimmten mittleren Lautstärkepegels bleibt dabei deutlich unter der eines vergleichbaren Zentralbeschallungssystems. Außerdem findet eine geringere Anregung des Raumes statt. Damit wird der raumakustisch bedingte Diffusschallanteil im Raum niedrig gehalten. Andererseits erzeugen viele im Raum verteilte Lautsprecher auch einen eigenen Diffusanteil des Schallfeldes [19], [26].
Die Nachteile einer dezentralen Beschallung bestehen in dem erhöhten Bedarf an (kleineren) Leistungsverstärkern sowie einem entsprechend größeren Verkabelungs- und Montageaufwand, obwohl für kleinere Lautsprecher andererseits auch leichtere und einfacher zu montierende Aufhängungen ausreichen.
Der Richtungsbezug kann in einer dezentralen Beschallungslösung i.d.R. nur durch den Einsatz von Verzögerungstechnik erreicht werden, es sei denn, dass die Schallquellen im Bühnenbereich den zur Lokalisierung erforderlichen Pegel selbst erzeugen können.
5 Richtungsbezogene Beschallung
Eine moderne Beschallungslösung sollte heute eigentlich nie auf eine gute Übereinstimmung von optischer und akustischer Perspektive verzichten. Das heißt, der Hörer soll an einem beliebigen Platz des Publikumsbereiches jederzeit die Originalschallquellen einer Darbietung etc. an der Stelle lokalisieren, an der er sie auch optisch wahrnimmt, unabhängig von der Position des oder der Lautsprecher, die für die Schallpegelversorgung des betrachteten Hörerplatzes zuständig sind. Diese Übereinstimmung ist in etwa dann gegeben, wenn optische und akustische Richtungswahrnehmung nicht mehr als 15° voneinander abweichen, wobei grundsätzlich die Dominanz der optischen Eindruckes gilt (Ganzheitsempfindung).
Die Sicherstellung der Lokalisation der Originalschallquelle(n) eines Schallereignisses, einschließlich einer eventuellen Bewegung einer Schallquelle, erfordert die Beachtung bestimmter psychoakustischer Zusammenhänge, wie
- Phantomschallquellenbildung (Summenlokalisation)
- Richtungsbestimmende Bänder [BLAU2000]
- Gesetz der ersten Wellenfront, siehe weiter unten sowie [31].
Die technischen Mittel, die für eine solche Lösung erforderlich sind (insbesondere elektronische Verzögerungstechnik sowie geeignet strukturierte Mischpulte und/oder Verteilsysteme) stellen hingegen heute kein grundsätzliches Problem mehr dar.
Psychoakustische Grundlagen
Bezüglich der Summenlokalisation ist zu beachten, dass dieses Phänomen nur für kleinere Beschallungsanordnungen sinnvoll anwendbar ist. Sobald die Abstände zwischen den betreffenden Lautsprechern größer als etwa 4 bis 5 m sind, funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr für Plätze außerhalb der Mittellinie, da dann die am Hörort entstehenden Laufzeitdifferenzen durch entsprechende Pegelunterschiede nicht mehr kompensiert werden können und die Schallquelle unweigerlich im jeweils nächstgelegenen Lautsprecher lokalisiert wird.
Eine wesentlich größere Bedeutung für die Lokalisation in der Beschallungstechnologie hat deshalb das Gesetz der 1. Wellenfront (oft auch als HAAS-Effekt bezeichnet).
[Bild 6-1] zeigt deutlich die für die genannten Effekte geltenden Zeit- und Pegelbereiche und ihre Übergänge. (Hinweis: Die genannten Zeitdifferenzen beziehen sich auf die Eintreffzeiten der Schallsignale am Hörort, nicht zu verwechseln mit den interauralen Zeitdifferenzen zwischen den beiden Ohren des Hörers, die im Bereich < 0,6 ms liegen).
Die Lokalisation eines von mehreren Schallquellen (Originalschallquellen bzw. Lautsprechern) erzeugten Hörereignisses in der Horizontalebene ist abhängig von den Zeit- und Pegeldifferenzen der am Hörort eintreffenden Schallsignale, wobei vier Zeitbereiche zu unterscheiden sind, siehe [Bild 6-1] sowie [31]:
(1) Die Zeitdifferenzen sind kleiner als 2 bis 3 ms (das entspricht einem Laufwegunterschied von weniger als 1 m): Hier wirkt das Phänomen der Summenlokalisation (auch als Phantomschallquellenbildung bezeichnet). Dabei verschmelzen die von zwei Schallquellen hinreichender Kohärenz stammenden Signale zu einer resultierenden Phantomschallquelle, die zwischen beiden Schallereignisorten lokalisiert wird.
(2) Die Zeitdifferenzen liegen zwischen 3 und etwa 30 ms (entsprechend einem Laufwegunterschied zwischen 1 m und etwa 10 m): Hier wird das jeweils zuerst eintreffende Quellensignal lokalisiert (Gesetz der 1. Wellenfront, auch als Precedence-Effekt bekannt). Nachfolgende Signale tragen zwar zur Erhöhung des Lautstärkeeindrucks sowie ggf. der Deutlichkeit bei, bewirken jedoch keine Verschiebung des Richtungseindruckes, sofern sie nicht um 6 bis 10 dB lauter als das Primärsignal sind.
(3) Die Zeitdifferenzen sind größer als 30 bis 50 ms (Laufwegunterschied zwischen 10 m und 17 m): Die später eintreffenden Quellensignale werden als Echo oder Nachhall wahrgenommen, bezüglich der Lokalisierung gilt aber trotzdem das Gesetz der 1. Wellenfront.
(4) Erst bei einem Zeitversatz von mehr als 150 ms wird der später eintreffende Schall als eigenständige Schallquelle wahrgenommen und auch lokalisiert. Das gleich gilt für Schallquellen, die um mehr als 15 dB lauter als der Primärschall sind, unabhängig von ihrer Eintreffzeit.
Beschallungslösungen mit Grundverzögerung bzw. Laufzeitausgleich
Die einfachste Anwendung des Gesetzes der 1. Wellenfront besteht in der Einfügung einer sog. Grundverzögerung in das vom Lautsprecher abzustrahlende Signal, die so bemessen wird, dass der Originalschall früher am Hörort eintrifft, als das Signal des/der betreffenden Lautsprecher(s), wodurch die Lokalisierung der Originalschallquelle sichergestellt werden kann. Dies funktioniert sowohl für einen nahe zur Schallquelle angeordneten Lautsprecher (sog. Bauchredner-Lösung), wie auch für weiter entfernte Schallstrahler, jedoch immer nur für genau eine diskrete Schallquellenrichtung.
Bei Räumen mit relativ großer Tiefe können auch mehrere Verzögerungszonen berechnet und mit unterschiedlichen Grundverzögerungen ausgestattet werden.
Derartige Systeme sind jedoch für größere Auditorien bzw. gleichzeitig an mehreren Orten wirkende Schallquellen ungeeignet, da bei seitlicher Anordnung der Hörerplätze diese Grundverzögerung kompensiert und dann doch der zufällig am nächsten liegende Lautsprecher lokalisiert wird [26].
Diese Mängel können beseitigt werden durch die sachgerechte Anwendung des nachstehend beschriebenen Delta-Stereofonie-Prinzips.
6 Das Delta-Stereofonie-System (DSS)
Das unter maßgeblicher Beteiligung des Autors im Team entwickelte Delta-Stereofonie-System ist ein dezentrales Schallversorgungssystem zur richtungs- und entfernungsgetreuen Beschallung großer Auditorien und Freiflächen, [18], [24], [30].
Prinzip des DSS
Der sog. Aktionsbereich (Bühne etc.) wird entsprechend den dramaturgischen Erfordernissen in mehrere Quellbereiche unterteilt, deren Lage jeweils getrennt akustisch lokalisiert werden soll.
Innerhalb jedes Quellbereiches wird der jeweilige Originalschall mit einem oder mehreren Mikrofonen aufgenommen und zu einem (monofonen) Quellbereichs-Summensignal gemischt. Diese Teilsummensignale werden individuell verzögert und jedem der im Rezeptionsbereich angeordneten Lautsprecher über eine Mischmatrix oder ein entsprechend konfiguriertes Mischpult getrennt zugeführt, so dass jeder Lautsprecher alle Teilsignale mit gleichem Pegel, jedoch entsprechend seiner relativen Position gegenüber der Quelle unterschiedlich verzögert abstrahlt.
[Bild 6-2] zeigt die prinzipielle Anordnung eines Delta-Stereofonie-Systems. Auf diese Weise können beliebig viele unterschiedliche Quellenrichtungen für alle Zuhörerplätze richtungs- und entfernungsgerecht abgebildet werden. Ebenso können sich Schallquellen zwischen den einzelnen Quellbereichen hin- und herbewegen - dies erfordert jedoch geeignete Nachführeinrichtungen, siehe [31].
Die Verzögerungszeiten werden dabei so bemessen, dass an allen Zuhörerplätzen der Schall von dem Lautsprecher, der den geringsten Abstand bzw. Winkelabweichung zwischen Hörort und Originalquelle aufweist, früher am Hörort eintrifft als der Schall aller übrigen Lautsprecher, jedoch später, als der betreffende Originalschall (bzw. dessen Nachbildung durch einen Quellen-Simulationsstrahler). Die Bemessungsregel für die anzuwendende Signalverzögerung für ein ausgewähltes Quellensignal bzw. Quellenbereich Qk für die Wiedergabe über einen bestimmten Lautsprecher n zur Versorgung eines bestimmten Hörerplatzes H, die sich aus der Grundbedingung des DSS für eine sichere Schallquellenlokalisation ergibt ("der Originalschall soll früher beim Hörer einterffen, als irgend ein anderes Schallsignal von irgendeinem Lautsprecher"), lautet:
To = akustische Laufzeit des Originalsignals Qk von der Quelle bis zum Hörer H,
Tn = akustische Laufzeit des Lautsprechersignals vom Lautsprecher n bis zum Hörer H,
ΔT = elektrische Verzögerungszeit für den Lautsprecher n
Weitere Optimierungen der so berechneten Verzögerungswerte werden vorzugsweise anhand der resultierenden Reflexionsfolgen an bestimmten Hörerplätzen vorgenommen, zur Gewährlweistung einer optimalen Beschallungsqualität (wie Sicherstellung von Echofreiheit, Vermeidung von Kammfilterstörungen, gleichmäßige Schallpegelverteilung, etc.).
Durch die so bemessene Verzögerung wird sichergestellt, dass gemäß Gesetz der 1. Wellenfront immer die Originalschallquelle lokalisiert werden kann und auch die natürliche Tiefenstaffelung (Entfernungseindruck) erhalten bleibt.
Die an jedem Hörort von den verschiedeneren Lautsprechern eintreffenden Schallsignale bild eine Art natürlicher Reflexionsfolge, wobei darauf zu achten ist, dass die Abstände zwischen aufeinander folgenden Signalen die Echogrenze von ca. 30 ms möglichst nicht überschreiten. Ist dies auch durch Korrekturen der Verzögerungszeiten und/oder Lautsprecherpositionen nicht zu vermeiden, kann ggf. auch eine zusätzliche (künstliche) Reflexion eingefügt werden.
Ist die Originalschallquelle nicht hörbar (zu schallschwach oder Playback), wird die Schallrichtung von demjenigen Lautsprecher bestimmt, der am besten mit der optischen Wahrnehmungsrichtung der jeweiligen Schallquelle übereinstimmt. Am günstigsten ist es, hierfür einen sog. Quellensimulations-Strahler in der Nähe der (realen oder fiktiven) Originalschallquelle auf der Bühne zu installieren, der dann mit einem bis zu 10 dB geringeren Pegel als die betreffenden Versorgungsschallstrahler betrieben werden kann, ohne die Lokalisierung zu verlieren.
Je nach Größe, Komplexität und Aufgabenstellung der jeweiligen Anwendung kann eine DSS-Beschallungslösung aus verschiedenen Teilanordnungen bestehen, wie
- Hauptbeschallungssystem (z. B. Portalbeschallung) für die gleichmäßige Schallversorgung im Publikumsbereich,
- Nahbeschallungssystem (Bühnenrand-Beschallung)
- Quellensimulationsstrahler im Aktionsbereich,
- Zusatzbeschallungssystem zur Erhöhung der Räumlichkeit.
DSS-Anwendungen
Das DSS hat sich seit seiner erstmaligen Einführung im ehem. Palast der Republik, Berlin [20], in verschiedenen Abwandlungen und Weiterentwicklungen in vielen Mehrzweckhallen, Theatern und bei Freilichtveranstaltungen international bewährt, wie z. B. in den österreichischen Seebühnen Bregenz und Möhrbisch [26], [28] (dort auch noch heute -2020 - in modifizierter Form in Anwendung); der Stadthalle Stade [35], [36], der Liederhalle Stuttgart, im Freilichttheater im Emmental/Schweiz [35], bei den Salzburger Festspielen oder in der Waldbühne Berlin, aber auch für komplizierte Kongress-Beschallungssysteme wie im Berliner Reichstag. Weitere Anwendungen siehe auch [Tab.7-1].
Das ursprünglich patentierte ([Pat4] sowie folgende]) und durch die Deutsche Post (später Deutsche Telekom) lizenzierte Verfahren ist unterdessen frei von Lizenz- und Schutzrechten und kann von jedermann angewendet werden. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass ein DSS-Beschallungssystem keine „hausmeisterfreundliche“ Lösung darstellt, sondern eine exakte Vorplanung und qualifizierte operative Betreuung erfordert. Dies gilt jedoch auch für viele andere moderne Beschallungslösungen, in denen Grundprinzipien des DSS stillschweigend oder unter anderen Bezeichnungen angewandt werden, meistens leider ohne auf ihren Ursprung hinzuweisen.
7 Rückkopplungsunterdrückung
Ein zentrales Problem jeder Live-Beschallung ist die wirksame Unterdrückung von akustischen Rückkopplungen, die immer dann auftreten können, wenn die verstärkten Schallsignale vom gleichen Mikrofon wieder erfasst werden (Rückkopplungsschleife) und die sog. Kreisverstärkung größer als Eins ist. Dies führt zum Aufschaukeln bestimmter Frequenzen im Raum und muss durch geeignete Maßnahmen unterbunden werden.
Hierzu zählen
- der Einsatz von geeigneten Richtmikrofonen;
- der Einsatz von Lautsprechern mit hoher Rückwärtsdämpfung, insbesondere im mikrofonnahen Bereich;
- die gezielte Bearbeitung der Tonsignale vor der Schallabstrahlung, um rückkopplungsgefährdete Frequenzbereiche entsprechend abzusenken oder anderweitig zu manipulieren.
Für bestimmte Anwendungen (insbesondere bei der Sprachverstärkung) ist auch der Einsatz sog. Rückkopplungsunterdrücker sinnvoll - das sind spezielle Hardwarelösungen, die eine Senkung der Rückkopplungsschwelle durch geeignete Signalbearbeitung bewirken, z. B. durch Frequenzverschiebungen oder dynamisch variierte Laufzeit-Verzögerungen, siehe [Pat3].
>> zurück zur Übersicht >> >> weiter >>