1. Pegelprofil des Tonkanals
Geräte- und Anlagen der Tonstudio- und -übertragungstechnik besitzen praktisch nur begrenzte Aussteuerungsreserven an den Systempegelgrenzen. Zur Gewährleistung eines ausreichenden Geräuschpegelabstandes und zur sicheren Vermeidung von Übersteuerungen (nichtlineare Verzerrungen) muss daher die zu übertragende Programmsignaldynamik optimal in das sog. Pegelprofil des Systems eingeordnet werden. Das im Bild dargestellte Pegelprofil (Bild 2.1) eines Tonkanals wird durch folgende Systempegel gemäß ITU-R [BS.645] bestimmt (siehe auch [STEI89], [BUCH5]):
(Oberer) Systemgrenzpegel (system limit level, 0 dBFS)
Technisch maximal möglicher Pegel (Aussteuerungsgrenze, Clipping level), bei dessen Überschreitung die nichtlinearen Verzerrungen sprunghaft ansteigen.
Zulässiger Maximalpegel (PMS=Permitted Maximum Signal level)
Festgelegter Maximalpegel für ein Tonprogrammsignal, der mit einem Quasispitzenwert-Aussteuerungsmesser kontrolliert wird und nur in Ausnahmefällen überschritten werden sollte. In der Rundfunk-Technik ist nach EBU [R68] ein PMS festgelegt, der 9 dB („Headroom“) unter dem Systemgrenzpegel liegt (entspricht dem Anzeigewert „0 dB“ auf einem DIN-Aussteuerungsmesser)
Minimaler Programmpegel (minimum programme signal level)
Minimal möglicher Programmsignalpegel (je nach Qualität des Übertragungssystems), der einen ausreichenden Abstand zum Störpegel des Kanals besitzt (Footroom, ca. 10-20 dB).
Störpegel (noise level)
Störpegel werden im digitalen wie im analogen Bereich mit standardisierten Bewertungsfiltern nach ITU-R [BS.468] als Quasi-Spitzenwert gemessen und als Geräuschpegel bezeichnet. International werden teilweise auch andere Bewertungs- kurven genutzt. Als Beispiel sei die häufig verwendete IEC(A)-Bewertung genannt, die dazu führt, dass Messergebnisse „geschönt“ werden, wobei die Werte der angegebenen Störpegel im gleichen System um mehr als 10 dB differieren können.
Einstellpegel (AS=Alignment Signal level)
Pegel eines 1 kHz-Signals zur Einstellung des Pegelprofils eines Übertragungssystems, liegt 9 dB unterhalb des zulässigen Maximalpegels PMS.
Übersteuerungsbereich (Headroom) Pegelbereich zwischen zugelassenem Maximalprogrammpegel PMS und Systemgrenzpegel, in dem (seltene) Überschreitungen kurzer Pegelspitzen (z. B. durch Ablese- und Anzeigefehler, Preemphasis bei FM) abgefangen werden können. Typische Werte sind:
- bei UKW/FM: 5 dB
- in digitalen Systemen: 6 bis 9 dB.
Eine ausführlichere Darstellung dieser Pegelbedingungen ist in [BUCH8] zu finden.
2. Aussteuerungskontrolle Die visuelle Programmsignalkontrolle (Aussteuerung) des Audiosignals ist wichtig, um den Signalpegel optimal an die Bedingungen des Übertragungskanals anzupassen.
Ziele der Aussteuerung sind
- Schutz des Übertragungssystems vor Übersteuerungen (Vermeidung nichtlinearer Verzerrungen, sowie unzulässiger Nachbarkanalstörungen);
- optimale Ausnutzung der verfügbaren Kanalkapazität bei Einhaltung der vorgeschriebenen Schutzbereiche (Headroom, Footroom, siehe Pegelprofil) zur Gewährleistung einer angemessenen Prorammdynamik;
- Gewährleistung eines angemessenen Lautstärkegleichgewichtes zwischen aufeinander folgenden Programmteilen im Verlaufe einer Sendung oder Produktion;
- bei zwei- oder mehrkanaligen Audiosignalen Kontrolle weiterer charakteristischer Signalparameter, wie Richtungsverteilung, Balance, Kompatibilität etc.
Quasi-Spitzenwertaussteuerung
Im deutschsprachigen Rundfunk ist seit etwa 1935 ausschließlich die sog. Quasi-Spitzenwertmessung (QPPM) üblich, die sich zwischenzeitlich fast weltweit (außer USA, Australien u. a.) durchgesetzt hat. Internationale Standards, z.B. [E59], [Tech3205], legen hierfür weitgehend einheitliche Eigenschaften fest.
Das Anzeigeverhalten eines Aussteuerungsmessers wird vorrangig von seinen dynamischen Eigenschaften bestimmt. Maßgeblich für die Erfassung kurzer Signalspitzen ist die sog. Integrationszeit, die für Quasi-Spitzenaussteuerungs- messer zwischen 5 und 10 ms liegt. Kürzere Tonsignalimpulse werden mit einem geringeren Pegelwert angezeigt, als ihrer tatsächlichen Amplitude entspricht [2].
Bei digitaler Signalübertragung ist neben dem QPPM ist die Verwendung einer „echten“ Spitzenwertanzeige (True Peak) mit einer Integrations- zeit <1 ms sinnvoll.
Für die Überwachung von Mehrspur-Aufzeichnungsgeräten sowie von mehrkanaligen Audioprogrammen haben sich Gruppenanordnungen für bis zu 32 Kanäle bewährt. Ein Beispiel für eine 5-Kanalanzeige ist in [Bild 2.2] zu sehen.
Lautstärkegerechte Programmaussteuerung Aussteuerungsempfehlungen
Dieselbe (Spitzenwert-)Aussteuerung unterschiedlicher Programmsignale bedeutet nicht unbedingt dieselbe Programmlautstärke. Die Folge sind die seit langem bekannten, immer wieder störenden Lautstärkeunterschiede bei Radio- und Fernsehprogrammen, sowohl innerhalb eines Programms, als auch im Vergleich verschiedener Sender. Als besonders störend werden auch die immer häufiger in Fernseh- und Hörfunkprogramme eingeschobenen Werbeblöcke empfunden, die oft auf maximale Lautheit getrimmt sind und dadurch starke Sprünge im Lautheitsverlauf des Programms erzeugen können.
Um eine angemessene Lautstärkebalance bei gemischten Sendeprogrammen zu erhalten, wurden bereits in den 60er Jahren entsprechende Aussteuerungsempfehlungen erarbeitet [2], [Ber28], die in ähnlicher Form auch heute noch in der ARD gelten (s. Tab. 2.1 sowie [BUCH8]).
Programmart |
| QPPM max /dBr |
Wortbeiträge ohne künstlerischen Charakter |
| 0 |
Off-Sprecher |
| 0 |
Musik mit geringer Dynamik (<15 dB) |
| -3 bis -6 |
Musik mit großer Dynamik |
| 0 |
Tab. 2.1. Aussteuerungsempfehlungen der ARD bei gemischten Sendeprogrammen.
Programm-Lautstärkemesser
Zur Überwachung des Lautheitsverlaufes bzw. seiner optimalen Anpassung ist ein zusätzlicher Lautstärkemesser erforderlich, der den Anforderungen an den Einsatz unter Echtzeitbedingungen im Studiobetrieb entspricht. Eine solche Lösung auf DSP-Basis, die den bekannten Zwicker-Algorithmus zur Messwertgewinnung benutzt, wurde im Zusammenhang mit einem Mehrkanal-Vektorskop (siehe unten) bereits 1996 vorgestellt [49]. Unterdessen wurde ein geeigneter Algorithmus in der ITU-R Recommendation [BS.1770] standardisiert.
Ein entsprechender Aussteuerungs-Algorithmus, der solcherart gewonnene Laut- stärkeparameter als Metadaten verarbeitet, wurde vom Autor bereits früh zur Anwendung in automatisierten Sendeabwicklungsprozessen vorgeschlagen [16].
NEU In den letzten Jahren (2009/2015) wurden im Rahmen einer sehr aktiven, international besetzten Arbeitsgruppe der EBU (P/LOUD) erhebliche Anstrengungen unternommen, die o.g. ITU-R Rec. BS.1770 für den Einsatz in der Praxis vorzubereiten und ggf. zu modifizieren. Daraus entstanden eine Reihe von Regularien zur Normalisierung und Messung der Lautheit von Audioprogrammen (Details siehe [EBU P/LOUD] sowie [CAM2010]), an deren Praxiseinführung derzeit in den Rundfunkorganisationen vieler Ländern intensiv gearbeitet wird.
Eine zusammenfassende Darstellung des aktuellen Standes der Standardisierung auf dem Gebiet findet sich in [BUCH10], Kap.18.4.
3. Goniometer-Anzeigen
Gewöhnlich wird die Qualität des Klangbildes eines Tonprogramms anhand des wiedergegebenen Schallfeldes beurteilt. Bei zwei- oder mehrkanaligen Signalen können dabei in vielen Fällen Irregularitäten wie Verzerrungen, Phaseneffekte etc. auftreten, die zwar subjektiv als Störung empfunden werden, deren technische Ursache jedoch durch Hören allein nicht eindeutig erkannt werden können.
Stereo-Sichtgerät (Goniometer) Die Notwendigkeit einer zusätzlichen visuellen Kontrolle mehrkanaliger Audiosignale wurde bereits in einem frühen Entwicklungsstadium der Zweikanalstereofonie von einem ihrer Pioniere L. Lauridsen erkannt, der die erste Lösung zur Visualisierung von zweikanaligen Stereo-Signalen mittels Lissajous-Figuren vorgeschlagen hat. Solche Goniometer (auch als Stereo-Sichtgerät bezeichnet) haben sich seither bei der Überwachung in Produktion, Aufzeichnung und Sendung von Stereo- Programmen hervorragend bewährt.
Die ursprüngliche Realisierung bestand aus einem Katodenstrahl-Oszilloskop ohne Zeitablenkung, wo die Stereo-Signale A und B so an die Plattenpaare angelegt sind, dass ein Mittensignal (A=B) eine unter 45° nach rechts geneigte Gerade ergab. Später [BUCH2] wurden stattdessen das Summensignal A+B an die vertikalen und das Differenzsignal an die horizontalen Platten angelegt, wodurch sich eine sinnfälligere Anzeige ergibt, die in etwa dem akustischen Höreindruck entspricht. Aus den Anzeigebildern können Informationen über
- Seitenzuordnung,
- Richtungsverteilung und Stereobalance,
- Phasenlage und Übersprechen
sowie über die zu erwartende Kompatibilität eines Stereoprogramms abgeleitet werden. Das Bild am Kopf der Seite zeigt ein stark mittenbetontes Stereosignal.
Messtechnische Anwendungen des Goniometers beziehen sich vorrangig auf Phasen- und Pegeldifferenzen zwischen den Stereosignalen. Bei Erhöhung der Verstärkung im horizontalen Kanal können bereits Phasendifferenzen von wenigen Grad (die z. B. in der Digitaltechnik auch aus Zeitdifferenzen herrühren können) angezeigt und gemessen werden [PAT1], [BUCH2], [12]. Im RFZ wurden im Zeitraum 1960-1990 mehrere Generationen von Stereo-Sichtgeräten entwickelt und gebaut [3], [STEI61a],[HUE72]. Heute gehört ein Goniometer (unterdessen meist mit digitaler Anzeige) zur Standardausrüstung eines jeden professionellen Produktionsmischpultes.
Mehrkanal-Sichtgerät
Vergleichbare Anzeigemethoden sind auch für mehrkanalige Audiosignale verfügbar. Hier ist insbesondere für die folgenden Signalparameter einschließlich ihrer gegen- seitigen Abhängigkeiten eine zusätzliche visuelle Signalkontrolle von Interesse:
- Richtungsgleichgewicht innerhalb des Front-Klangbildes,
- Balance zwischen den Frontsignalen, sowie zwischen Front- und Surround-Ebene
- Kanalzuordnung, Kanaltrennung (Übersprechen), Phasenverhältnisse und Korrelation zwischen den verschiedenen Signalen
- Überprüfung der Stereo-Kompatibilität (L*/R*) von down-matrizierten Signalen.
Die visuelle Darstellung der angezeigten Signalmuster sollte dabei dem akustischen Endruck möglichst nahe kommen. Um die vielschichtigen Wechselbeziehungen der Signale erkennen und analysieren zu können, werden in verschiedenen Gerätelösungen unterschiedliche Formen der Anzeigeoberfläche angeboten, z. B.:
- ein Überblick über die summarische Wirkung aller beteiligten Signale, indem
mittels Darstellung der geometrischen Orte der Vektoramplituden ein Eindruck der
dynamischen Richtungsverteilung innerhalb der gesamten 3/2-Wiedergabe-
anordnung vermittelt wird (sog. Vektor-Darstellung); dieser Anzeigemodus kann
evtl. auch in den sog. Beam-Modus umgedeutet werden, vergleichbar mit einer
„Strahlenigel“-Darstellung, wie sie aus der Diffusitätsmessung bekannt ist [49];
- Anzeige einer alle Abbildungsrichtungen umhüllenden Balance-Grafik in Form einer
kissenförmigen Hüllkurve.
[Bild 2.2] zeigt eine nach Vorgaben des Autors entwickelte Mehrkanal-Goniometeranzeige (3/2-Format), mit weiteren integrierten Anzeigefunktionen wie 5-Kanal-Aussteuerungsanzeige, Lautheitsanzeige, s.[49]. Sie war eine der ersten öffentlich präsentierten Lösungen ihrer Art, unterdessen werden ähnliche Geräte von verschiedenen Herstellern verwendet.
4. Dynamik und Dynamiksteuerung
Der Begriff Dynamik spielt in der Audiotechnologie eine herausragende Rolle. In Bezug auf das akustische Schallereignis bezeichnet Dynamik das Verhältnis von größtem und kleinstem Schallpegel, den eine Schallquelle erzeugt (Originaldynamik). In Bezug auf das elektrische Tonsignal bedeutet Dynamik das Verhältnis zwischen größtem und kleinstem übertragenen Signalpegel. Werte für die Dynamik werden in dB angegeben, im Sinne eines Abstandes zwischen größtem und kleinstem Pegel.
Betrachtet man die gesamte Kette der Audiosignalbearbeitung von der Produktion und Übertragung bis zum Empfang, ist es sinnvoll, eine weitere Differenzierung des Dynamikbegriffes vorzunehmen (siehe hierzu ausführlich in [BUCH8]):
- Originaldynamik
(Verhältnis vom kleinsten zum größten Schallpegel des Original-Schallereignisses)
- Programmdynamik
(Verhältnis vom kleinsten zum größten Tonsignalpegel des aufgezeichneten/
übertragenen Tonprogramms)
- Systemdynamik
(Verhälnis vom kleinsten zum größten übertragbaren Nutzsignalpepegel eines
Tonübertragungssystems)
- Wiedergabedynamik
(Verhältnis vom kleinsten zum größten Wiedergabeschallpegel in einer
bestimmten Wiedergabesituation)
Wiedergabedynamik und Dynamiksteuerung
Die Wiedergabedynamik kennzeichnet den individuell am Hörort eingestellten Abstand des maximalen Wiedergabepegels vom jeweils herrschenden Stör- geräuschpegel, der durch den Störpegel des Wiedergabekanals, meist jedoch durch das akustische Umgebungsgeräusch bestimmt wird.
[Bild 2.3] zeigt im linken Teil die (in etwa) realisierbare Programmdynamik für verschiedene Aufzeichnungsmedien bzw. Rundfunksysteme, die je nach Art des Programmbeitrages im allgemeinen auch ausgenutzt wird, während auf der rechten Seite die unter verschiedenen Umfeldbedingungen maximal nutzbare Wiedergabe- dynamik angedeutet ist. Die Varianz der verschiedenen Hörsituationen ist groß. Daher ist es erstrebenswert, dem Hörer eine individuelle Einengung der oft sehr hohen Dynamik vorhandener Tonaufnahmen an die Hörsituation zu ermöglichen.
Eine solche „Variable Dynamik“ kann durch angemessene Anhebung der Lautstärke in den leisen Passagen erreicht werden. Das IRT hatte sich schon vor Jahren bemüht, für UKW/FM ein Verfahren zu entwickeln [PLE], das auf der studioseitigen Gewinnung einer Dynamik-Stellgröße und deren Übertragung zum Empfänger basierte, um dort eine individuelle Dynamiksteuerung zu ermöglichen. Jedoch ist dieses Konzept an Problemen bei der Gewinnung wie der Übertragung der Stellgröße gescheitert.
Der Digitale Rundfunk (DAB) bietet erstmalig die Möglichkeit einer Anpassung des Dynamikbereiches eines Rundfunkprogramms an die individuellen Bedürfnisse eines jeden Hörers auf der Basis des sog. Dynamic Range Control Systems (DRC), siehe [42], [44] sowie die detaillierte Beschreibung auf der Seite "Digitaler Rundfunk".
Vergleichbare (jedoch nicht ohne weiteres kompatible) DRC-Systeme sind auch in anderen Audiocodecs implementiert, so bei DOLBY DIGITAL® wie auch in modernen Codiersystemen der MPEG-Familie, wie AAC. Letztere sind auch für die Anwendung bei Mehrkanalsignalen ausgelegt, siehe Vorschläge hierzu in [52].
5. Studio-Abhörstandard für Lautsprecherwiedergabe
Die Gesamtheit der Hörbedingungen in einem Abhörraum einschließlich der erreichbaren Qualität des dort erzeugten Schallfeldes werden oft unter dem Begriff „Abhörstandard“ zusammengefasst. Sie werden wesentlich beeinflusst durch: - die geometrischen und akustischen Eigenschaften des Abhörraumes,
- die Eigenschaften und Anordnung der Lautsprecher im Abhörraum, sowie
- den Hörort bzw. die Hörzone für ausgewählte Hörplätze.
Die Qualität der Hörbedingungen hängt letztlich von den Parametern ab, die das resultierende Schallfeld an den Ohren des Zuhörers erzeugt.
Einheitliche Festlegungen zum Abhörstandard wurden bereits früh im Rahmen von OIRT-Empfehlungen [E86] [34] beschrieben und international erprobt. Später wurden diese Anforderungen unter maßgeblicher Mitwirkung des Autors von der EBU [TECH3276] sowie der ITU-R [BS.1116] weitgehend übernommen und für die Anwendung bei Mehrkanalwiedergabe erweitert, siehe [48], [53] sowie auch [SSF0.1] und [AES1000]. Somit existiert praktisch ein weltweit anerkannter Abhörstandard für die Wiedergabe von Tonprogrammen unter professionellen Bedingungen. Nachstehend sind einige wichtige Parameter erläutert.
Geometrische Abmessungen von Abhörräumen und Wiedergabeanordnungen
[Bild 2-4] zeigt die prinzipielle Anordnung für Mehrkanal-Wiedergabe (Format 3/2) nach ITU-R [BS.775], die entsprechende Anordnung für Zweikanalstereofonie (Format 2/0) ergibt sich einfach durch Weglassen der Lautsprecher C, RS und LS. Detaillierte Bemessungsvorschriften sind in [Tech3276], [BS.1116], sowie [SSF 0.1] zu finden. In Tab. 2.2 sind die wichtigsten geometrischen Daten zu Abhörräumen und Wiedergabeanordnungen für Zwei- und Mehrkanalstereofonie dargestellt.
Parameter | Größe [Einheit] | Wert |
Raumgröße Fläche Volumen | S [m²] V [m³] | >30 bis 40 < 300 |
Basisbreite | B [m] | 2,00 bis 4,00 |
Basiswinkel (bezogen auf L/R) | [Grad] | 60 |
Hörabstand | D [m] | 2 bis 1,7B |
Hörzone (sweet spot) | R (Radius) [m] | 0,8 |
Höhe der Lautsprecher über Boden | h [m] | < 1,2 |
Abstand zu umgebenden Reflexionsflächen | d [m] | > 2 |
Tabelle 2-2.
Geometrische Anforderungen an Abhörräume für 2/0- sowie 3/2-Wiedergabe.
(für 3/2-Wiedergabe sind möglichst die jeweiligen Obergrenzen anzuwenden)
Bezugs-Schallfeld
Da es nach wie vor nicht möglich ist, mittels klassischer akustischer und elektro- akustischer Parameter und Messverfahren die Eigenschaften der Abhörsituation eindeutig zu beschreiben, werden die Anforderungen an relevante Parameter des Bezugs-Schallfeldes am Abhörort indirekt über folgende Parameter definiert:
- Direktschall (Direct sound)
- Anfangsreflexionen (Early reflections) sowie Nachhall (Reverberation field)
- Betriebsschallpegelkurve (Operational room response curve)
- Abhörschallpegel (Listening level)
- Hintergrundgeräusch (Background noise).
Direktschall
Die Qualität des Direktschalls ist im wesentlichen geprägt durch die relevanten Lautsprecherparameter, wie sie unter reflexionsarmen Bedingungen gemessen werden, also die Richteigenschaften, den Amplitudenfrequenzgang (Schallpegel- kurve), das Einschwingverhalten sowie die nichtlinearen Verzerrungen.
Betriebsschallpegelkurve
Eine der wichtigsten Eigenschaften unter Betriebsbedingungen ist die sog. Betriebsschallpegelkurve, also der Amplitudenfrequenzgang des Schallpegels an jedem Abhörort. [Bild 2-5] zeigt die einzuhaltenden Toleranzen, wobei L m den Mittelwert der Terzbandpegel von 200 Hz bis 4 kHz darstellt.
Anfangsreflexionen
Der Pegel von Reflexionen, die früher als 15 ms nach dem Direktschall am Abhörort eintreffen, soll im Frequenzbereich zwischen 1 kHz und 8 kHz mindestens 10 dB unter dem des Direktschalls liegen.
Nachhallschallfeld
Der Nachhall soll im Bereich der Hörzone möglichst diffus sein, um wahrnehmbare akustische Irregularitäten, wie z. B. Flatterechos, zu vermeiden. Die mittlere Nachhallzeit T m soll im Frequenzbereich zwischen 200 Hz und 4 kHz bei
0,2 s < T m < 0,4 s liegen, mit T m = 0,25 (Raumvolumen / 100) ⅓
Für einen Abhörraum mit einem Volumen von 150 m 3 ergibt sich danach eine mittlere Nachhallzeit von etwa 0,3 s.
Bezugs-Abhörpegel
Die Einführung eines Bezugs(Referenz)-Abhörpegels L LIST ref für Studio- Abhörsituationen gewährleistet eine einheitliche Wiedergabelautstärke in verschiedenen Räumen und Organisationen.
Das Messsignal ist „Rosa Rauschen“. Der Eingangs-Signalpegel jedes Lautsprechers ist als Effektivwert zu messen und entsprechend der folgenden standardisierten Referenzschallpegel einzustellen:
- -9 dB bezogen auf den zugelassenen Maximalpegel (PML) in analogen
Übertragungssystemen;
- -18 dB bezogen auf 0 dBFS (Full scale) in digitalen Übertragungssystemen.
Die Verstärkung jedes Übertragungskanals der Wiedergabekonfiguration ist so einzustellen, dass der resultierende Gesamt-Schalldruckpegel (RMS, slow) am Bezugs-Hörort den folgenden Wert erreicht:
L LIST ref = 85 – 10 log n [dBA]
wobei n die Gesamtzahl der Wiedergabekanäle (außer dem LFE-Kanal) der entsprechenden Konfiguration darstellt. Danach ergibt sich für jeden einzelnen Lautsprecher ein einzustellender Schallpegel von
- L LIST ref = 82 dBA für 2/0-Lautsprecheranordnungen (Zweikanalstereofonie)
- L LIST ref = 78 dBA für 3/2-Lautsprecheranordnungen.
Hintergrundgeräusch
Der Schallpegel des kontinuierlichen Hintergrundgeräusches (hervorgerufen z. B. durch akustische Störungen wie Klimageräusche und/oder Verstärkerrauschen) soll die ISO-Störpegelkurve NR 15 nicht überschreiten, idealerweise jedoch die Kurve NR10 einhalten.
Weitere detaillierte Anweisungen für die betriebliche Einstellung von Wiedergabeanordnungen sind in [SSF2.1] zu finden.
Anforderungen an Regielautsprecher
Die nachstehend aufgeführten Anforderungen sind - im Unterschied zur Betriebsschallpegelkurve - unter Freifeldbedingungen (also im reflexionsfreien Raum) zu messen. Tab. 2-3 fasst die wesentlichen Anforderungen zusammen.
Parameter | Frequenzbereich | [Einheit] | Wert |
Amplituden-Frequenzgang | 40 Hz … 16 kHz | dB | 4 dB-Toleranzbereich |
Schall-Bündelungsmaß C | 250 Hz … 4 kHz | dB | 4 ≤ C ≤ 12 |
Nichtlineare Verzerrungen (Klirrdämpfung bei SPL=96 dB) | < 100 Hz > 100 Hz | dB (%) | -30 (3%) -40 (1%) |
Abklingzeit des Direktschalls (Abfall auf Pegel von 1/e) | | s | < 5/f [Hz] |
Zeitverzögerung zwischen Stereo-Lautsprechern | | μs | < 10 |
Pegeldifferenz zwischen Stereo-Lautsprechern | 250 Hz … 2 kHz | dB | 0,5 |
Max. Betriebsschallpegel Störschallpegel | | dB dBA | > 112 < 10 |
Tabelle 2-3.
Qualitätsanforderungen an Regielautsprecher, nach [Tech3276] bzw. [BS.1116].
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